motile
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I

Ein guter Anfang, grossartig! Wir erfahren, dass die Menschen Freudensprünge gemacht haben, als sie merkten, dass sie sich selbst in die Hand nehmen müssen. Oder es. Und die Menschen haben Mutter- und Vatergefühl gehabt gegenüber der Umwelt.

 
II
Gute Nachricht für euch: Es gibt keinen Umwelt-Jesus, oder schlechte Nachricht, je nachdem, worauf ihr euch gefreut habt. Ihr müsst es selber machen. Es gibt auch keine Klima-Jesussica, nur dass das auch klar ist.

Es gibt keinen guten Wasser-Diktator, was weiss ich. Es gibt niemanden, der sagt: ‹Wir werden keine Säue mehr mästen, wir essen die Körner selber, wir fliegen nicht mehr, wir gehen zu Fuss oder nehmen das Velo, wir vermehren uns nicht mehr.›

 
III
Ich habe aufgeschrieben, was alles so passiert ist. Ich bin fast immer dabei gewesen. Also eigentlich überall. Obwohl ein Teil davon in der Zukunft passiert. Ich habe auch zwei Protagonistinnen und einen Protagonisten gefunden, die bereit waren, mit mir ein bisschen über ihre Vergangenheit respektive Zukunft, äh, Gegenwart zu reden. Eigentlich waren es vier. Einer hat sich während des Erzählens verdoppelt. Das gehört auch zu dieser Art der Geschichte.

Ich möchte mich noch bedanken bei: Alice, Andreas, Araell, Glausi, Heike, Jérôme, Michael, Nayan, Noëlle, Niki, Noëlle, Pinguin-Mutter, Pinguin-Tochter, Rolphe, Wiebke, Candid. Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen.

 
IV
Es gibt keine Hauptfrage und dann eine Hauptantwort und dann ist alles in Butter.

 
V
Wieso rennen die Menschen immer dieser einen Frage nach und denken, danach werde alles gut. Diese optimierte Fragerei, damit die beste aller Antworten gefunden werden kann, das wird nicht klappen. Die Menschen müssen möglichst viele kleine Fragen stellen und immer daran denken, dass die Antwort vielleicht doch nichts nützt.Und, zack, nächste Frage. Ich bin mit meinem Sohn unterwegs, wir fahren mit unserem alten Auto los. So fängt diese Geschichte an. Gemütlichkeitsspendend, vertrauensvoll, die Sonne und die Erde, wenn man die beiden zusammensetzt, dann gibt das die Form eines Eis.

 
VI
Ich fahre in meinem uralten Auto mit meinem Sohn. Wir fahren auf einem Waldweg und dann rolle ich plötzlich einen Abhang runter und das Auto bleibt in einer dichten Hecke stecken. Mein Sohn sagt: «Spielt eh keine Rolle. Wir lassen das Auto hier. Wir schneiden einfach eine Lücke in die Hecke und gehen zu Fuss weiter.»

Wir öffnen alle Fenster des Autos, ich lege die Parkscheibe auf den Beifahrersitz. Das erste Eichhörnchen macht es sich hier drinnen sicher bald bequem.

Mein Sohn legt einen Zettel neben die Parkscheibe und schreibt drauf, dass das Auto von uns absichtlich vergessen wurde.

Wir kommen zu einem Waldhaus. Dort sitzen 15 Leute, die sagen: «Ist kein Problem, ihr könnt bei uns essen.»

Okay, wir essen. Zum Dank lege ich für alle, die wollen, eine Runde Tarot. Die meisten wollen nur Gegenwart oder Vergangenheit. An ihrer Zukunft sind hier die wenigsten interessiert.

Nur einer fragt danach. Die Karten sagen, dass er in der Zukunft Zauberkräfte bekommen und die ganze Welt in ein Meer verwandeln wird. Und alle, die es wollen, wird er zu Fischen machen. Jeder, der ein Fisch werden will, kann seine Form und Farbe frei wählen. Die Karten sagen, dass viele blau und grün wählen werden, einige auch Gold. Ein ganz Schlauer wird als Farbe «wasserfarbig» wählen.

Wir steigen über einen Zaun, ich weiss nicht mehr, wo wir sind. Mein Sohn beruhigt mich und lacht. «Das macht nichts, sind wir halt an einem anderen Ort! Das ist gut.»

Es beginnt, ein bisschen zu stürmen, wir spazieren weiter. Da kommen wir an einem halbhohen, wackeligen Holzturm vorbei. Auf dem Turm steht ein Pinguin, er schwenkt Schilder hin und her und ruft uns Sachen zu: «Ich habe mich als Kind in meinem Kinderzimmer verbarrikadiert. Meinen Kopf wollte ich so schützen. Ich liess niemanden rein. In meinen Kopf.»

Mein Sohn streckt dem Pinguin auf dem Holzturm die Zunge raus. «Komm runter von deinem Turm. Wenn du es ernst meinst, musst du mit uns kommen.»
Der Pinguin steigt vom Turm runter, seine Schilder segeln in alle Richtungen. Wir können einige lesen.

«Wer soll’s machen? Wer soll’s richten? Alle? Niemand? Ein Engel, eine Engelin, mehrere Engel? Ich, du? Du?»

Der Pinguin beginnt, laut zu krächzen, und zeigt mit dem Flügel auf mich: «Ja, du! Dich meine ich. Du weisst mit hundertprozentiger Sicherheit, dass du als Mensch einen dominanten Einfluss auf die Umwelt hast!»

Mein Sohn nickt brav. Ich finde es übertrieben, dass der Pinguin mit seinem Flügel so auf mich zeigt. Ich will eine Geschichte erzählen, wie alles anders wird, und nicht zusammengeschissen werden, weil es schon wieder einer besser weiss! Man muss sich bemühen, die einzelnen Handlungsstränge glaubwürdig zu motivieren.Nein, das muss man eben nicht! Es muss wirken wie eine harmlose Spielerei. Es muss nicht der Zeigefinger in jedes Auge rein, damit klar ist, wie ernst und bedrohlich die Geschichte ist.

Mein Sohn klopft mir auf die Schultern. Der Pinguin hört auf zu krächzen und will ein Ei legen. Mein Sohn schiebt schnell ein paar Äste zusammen und streichelt den Pinguin. Der Pinguin legt das Ei und schenkt es meinem Sohn. Der Pinguin sagt, wir sollen das Ei mitnehmen.

Mein Sohn steckt es in seine Tasche. Er wird es warmhalten. Bald schlüpft ein weiterer Pinguin. Stolpert herum, fällt auf den Schnabel, mein Sohn packt ihn an den Beinchen und stellt ihn wieder hin. Der kleine Pinguin schaut mich an und beginnt zu krächzen: «Wieso seid ihr hier, was macht ihr hier? Ihr könnt doch gar nicht schwimmen. Es ist viel zu gefährlich, so nah am Wasser. Wieso habt ihr diesen Drang? Wieso wollt ihr das alles sehen?»

Er starrt mich noch immer an: «Du magst den Fluss, oder?»

«Ist das schlecht?»

«Du denkst den ganzen Tag immer nur an den Fluss, du hast einen Fluss-Fetisch.»

Der kleine Pinguin hat recht. Der Fluss wird seit ein paar Hundert Jahren gebändigt und kontrolliert. Der Fluss soll die Eisenbahn nicht stören, der Fluss soll gutes Grundwasser machen, der Fluss soll noch besseres Trinkwasser geben, der Fluss soll nicht zu heiss sein, damit nicht alle Fische sterben.

Der Fluss hat mir kürzlich gesagt, wenn die Gletscher weg sind, habe er im Sommer kaum noch Wasser. Ich möchte noch möglichst lange an diesem Fluss tanzen können und in ihm schwimmen. Ich möchte, dass der Fluss noch möglichst lange seine Lieder singt. Das lohnt sich doch, dass ich den Fluss toll finde.

Der grosse Pinguin kommt angewatschelt. Wahrscheinlich verfolgt er uns schon die ganze Zeit. Jetzt lacht der grosse Pinguin und zeigt mit dem Schnabel auf meinen Sohn.
«Stell dir mal vor, was dein Sohn über dich sagen wird, wenn er an dich zurückdenkt. Der wird auf dich zurückschauen und sagen, das war der Trottel, der die Flüsse trockengelegt hat.»

Der grosse Pinguin hat auch recht. Mein Sohn kann ja nicht einfach zur Eidechse mutieren. Mein Sohn wird kein anderer Mensch, nur weil er keinen Lebensraum mehr hat. Mein Sohn kann versuchen, sich anzupassen. Er kann sich eine Klimaanlage kaufen, falls er genug Geld hat. Aber er schafft es nicht, langfristig sein gesamtes Wesen so zu ändern, dass er hitzeresistent wird.

 
VII
Mir fällt ein, dass wir nicht immer Trottel waren. Ich erzähle meinem Sohn, dass wir zuerst jahrzehntelang wie blöd in Zügen und Bussen und Restaurants geraucht haben. Und dass es jetzt alle toll finden, dass wir nicht mehr in vollgequalmten Zügen und Restaurants sitzen müssen.

Ich will meinem Sohn nicht als Trottel in Erinnerung bleiben, der alle Städte mit Parkplätzen zugepflastert hat.Ich will mich zusammen mit ihm über die freien Flächen freuen und ich will mich mit ihm unter Schatten spendende Bäume legen und betrinken. Ich will meinem Sohn sagen, hey, unser Auto ist ein zukünftiges Blumenbeet.

Ich muss mich wieder auf den Weg konzentrieren. Ich kippe fast vornüber, so steil ist das. Flechten und Moose, kleine lilafarbige Blumen, die ich nicht kenne, ein Ginsterbusch. Strommasten und Kabel, ein Gleis einer Regionalbahn. Jemand läuft schnell an mir vorbei. Es riecht nach Fichte. Ich erinnere mich, dass ich noch eine gültige Parkkarte im Handschuhfach meines Autos habe. Wo sind jetzt alle?

 
VIII
Wir machen ein Picknick. Plötzlich gibt es einen Riesenknall. Das Higgs-Teilchen steht vor uns, niemand weiss, woher es kommt. Wir hören deutlich ein Uhrwerk ticken. Wir machen weiter mit unserem Picknick und essen Geranien, Hackfleischbällchen, Thurgauer Apfelmus mit Hörnli sowie Basler Leckerli.

Das Higgs-Teilchen sagt, es könne uns helfen, unser Hirn zu optimieren. Unser Hirn könne nicht richtig in die Zukunft denken. Das Hirn sage uns nicht: ‹Das bist du in der Zukunft.› Das Hirn sage nur: ‹Schau mal, das ist die Zukunft.› Und dann sehe man eine Person, die nichts mit einem zu tun habe, die einem völlig fremd sei.

Deshalb denken die Menschen und auch die Tiere, dass der Klimawandel sich in einer völlig anderen Welt oder in einer anderen Zukunft abspielt, wo sie gar nie sein werden.

Das Higgs-Teilchen sagt mit leuchtenden Körperchen: «Das ist wie russisches Roulette. Euer Hirn kann zwar verschieden Zukunftsmöglichkeiten durchspielen, aber es sagt euch nicht, wie ihr euch dabei fühlt. Das ist doch ein physikalischer Fehler.»

Der kleine Pinguin verschluckt sich und pickt nach dem Higgs-Teilchen. Es leuchtet ihm ein, dass er so ein Higgs-Teilchen in seinem Hirn gut gebrauchen kann. Es funktioniert super. Der kleine Pinguin sieht einen Stein, der sich wegen des aufgetauten Permafrosts gelöst hat, auf sich zufliegen. Er wartet, springt im letzten Moment zur Seite. Er sieht die Flutwelle eines Flusses auf sich zukommen, wartet und surft dann gekonnt auf ihr.

Der grosse Pinguin nimmt auch ein Higgs-Teilchen. Bei ihm wirkt es völlig anders: «Wir sind die lustigen Multiplaneten-Lebewesen-Pinguine. Wenn wir einen Planeten zerstört haben, fliegen wir einfach zum nächsten. Das Leben ist doch mehr, als ein trauriges Problem nach dem anderen zu lösen. Wir wollen morgen aufwachen und glücklich sein. Ich fliege auf den Mars, bis bald.»

Ich verstehe den grossen Pinguin nicht. Ich frage meinen Sohn, was los ist. Ich schaue das Higgs-Teilchen an.

 
IX
Der grosse Pinguin studiert Physik. Das ist seine neue Religion. Er sagt: «Physik vergibt keine Fehler.» Er sagt, man könne alle vom Menschen gemachten Gesetze brechen, aber man solle mal versuchen, ein einziges Gesetz der Physik zu brechen. «Wenn du in der Physik einen Fehler machst, bist du geliefert», lacht er.

Der grosse Pinguin sagt: «Es ist sinnlos, zu warten, bis man ein vollständiges Verständnis von etwas hat.Du entscheidest jeden Tag über ganz viele Sachen unter hoher Unsicherheit. Das Wetter ist unsicher, du gehst trotzdem raus, du kaufst einen neuen Schuh, obwohl du ihn nicht persönlich kennst, du entscheidest dich, jemanden zu daten. Das tust du, obwohl es total unsicher ist, was dabei rauskommt.

Wenn du eine Überschwemmung kommen siehst und das Wasser in deinem Keller steht, dann wartest du auch nicht, bis das ganze Haus versunken ist, um festzustellen, dass Hochwasser nicht so gut sind.»

Der Pinguin forscht weiter. Und lädt alles auf sein LinkedIn-Profil hoch.

 
X
Der kleine Pinguin hat noch keinen Berufswunsch, er will zuerst einmal ein Start-up gründen. Das Ziel: einfach ein bisschen spinnen und dann versuchen, das Universum zu verstehen, und versuchen zu verstehen, was wir im Universum machen, wie wir mit dem Universum zusammenhängen, und dann versuchen zu verstehen, ob das Universum sich selber auch versteht.»

 
XI
Ich soll eine Geschichte erzählen, wie alles anders wird. Das ist gut, denn es zu machen wie jeder, das ist ja keine genügende Qualifikation! Das ist nichts! Das kann dann ja irgendjemand machen. Alles so machen, wie jede andere es auch machen würde, das bringt doch nichts. Das ist die schlechteste Qualifikation, die es gibt, die haben nämlich alle. Wenn man alles so macht wie jeder und jede! Das hätte man doch irgendwann merken müssen, dass das nichts bringt.

 
XII
Ich habe zehneinhalb Jahre von morgens bis abends am Computer gesessen. BA, MA, Dr. PhD. Prof. Fellow, Dr. hc., bibber, bibber, kein Lehrstuhl, doch ein Lehrstuhl., Dr. magma-vulkan, diabol. philanthrop.

Ich habe mir dann selber ein Bett gebaut, dann ein Büchergestell. Dann, naja, dann habe ich mir 100 Stühle gebaut, alle ausprobiert, eine grosse Entfremdung gespürt von der Natur. Ich habe den Kontakt zur Realität verloren.

Ich habe mit fast niemandem mehr geredet. Dann irgendwann habe ich mir gesagt: «Oh nein, das ist nichts mehr für mich.»

Da bin ich raus aus meinem Büro. Diese Fenster, durch die man nicht reinsehen kann und die als Höhepunkt der westeuropäischen Architektur gelten, die hatten mich schon lange genervt. Aussen wichtig, drinnen ist nix. Das ist mir erst viel später aufgefallen, was das bedeutet, wenn Novartis, die UBS oder immer mehr Universitäten alle Fenster nach aussen verspiegeln. Dann heisst das für die Gesellschaft: Da drinnen ist nichts, da drinnen ist alles hohl wie eine Nuss, da ist niemand drin, da macht auch niemand was.

Ich weiss, dass der Beruf des Forschers oder der Forscherin ein einsamer Beruf ist. Und ich bin nicht so gern einsam. Ich bin nicht so gerne allein. Okay, es gibt viele Dinge, die man selber machen muss, man muss auf Ideen kommen. Aber trotzdem, ich mache Dinge lieber zusammen.

Ich bin rausgegangen und habe alle gefragt: «Wie stehst du zu den Klimastreikbewegungen in deiner Stadt? Welche Messages sind bei dir rübergekommen, in deinem Lebens- oder Berufsbereich?» Ich habe Lehrlinge, Schülerinnen, Künstler, Schriftstellerinnen, Rentnerinnen und Kinder gefragt: «Was ist bei dir angekommen, was hast du bereits thematisiert, was verarbeitet? Was noch nicht? Was bewegt dich? Sag es mir.»

Und es war unglaublich, was ich alles gehört habe. Ich dachte: ‹Jetzt hab ich’s. Jetzt weiss ich, was ich für eine Geschichte erzählen muss, bei der alles anders wird.›

 
XIII
Ich stelle mich selber auf den Holzturm, wo ich mit meinem Sohn den grossen Pinguin getroffen habe und warte. Ich male neue Schilder. Wenn Menschen vorbeikommen, halte ich sie hoch und schaue, was passiert. Angst, Wut, Hoffnung, Mitgefühl. Wild durcheinander sind die Reaktionen der Menschen. Damit habe ich nicht gerechnet. Ich steige runter vom Turm, verwickle alle Passanten und Passantinnen ins Gespräch. Es artet aus, Riesengeschrei, Riesenintensität, Tumult der Stimmen, Durcheinander, es überlagert sich alles, es gibt Echos und es wird wie eine schlechte Tütensuppe, wo von allem etwas drin ist.

Es versammeln sich immer mehr Menschen um den Turm, um mich. Seit ein paar Wochen mache ich nun diese Treffen. Ich rede mit allen. Wenn dabei nichts rauskommt, kommt nichts raus. Nichts gibt es ja automatisch. Auch wenn man sich nicht trifft. Vielleicht gibt es ja mehr, wenn man sich trifft.

 
XIV
Der grosse Pinguin geht vorn, hinten folgen mein Sohn und der kleine Pinguin. Sie winken. Sie sehen die vielen Menschen und Tiere beim Turm. Sie sehen mich. Sie denken, ich hätte endlich einen Plan, wie meine Geschichte, bei der alles anders wird, funktionieren könnte.

Der kleine Pinguin glaubt, dass es für viele sehr motivierend wirkt, mit Leuten zu reden, die irgendwie an einem gleichen Punkt sind oder das Gefühl haben, sie seien an einem gleichen Punkt. Der kleine Pinguin sagt, er sei froh, dass es so einen Turm gebe, wo man sich treffen könne.

 
XV
Wenn ihr beim Lesen jetzt immer noch zu wenig Lust auf Wandel habt, dann kann ich euch im Auftrag einer Geschichte, wo alles anderes wird, noch eine Anti-Verdrängungsmeditation anbieten.


 
Wenn du wegschaust, ist es nicht weg.

Deshalb schau hin und stell dir vor, was du alles machen kannst. Benutze deine ganze Fantasie.

Wenn du hinschaust, denkst du, das sei nicht von dir.

Schau noch mal. Ah, es ist doch von dir.

Schau noch mal, ohne dass du dich ablenken lässt.

Geniesse die Vorstellung, dass du einen riesigen Einfluss auf alles haben kannst.

Es ist nicht teuer, du kannst sofort etwas tun.

Dein Nachbar kann etwas tun, ihr könnt zusammen etwas tun.

Wenn du im Verneinen hochbegabt bist, lege ich gerne noch nach.

Stell dir vor, deine Ärztin sagt zu dir: «Sie sind zu dick, Sie sollten weniger Alkohol trinken, schlauer essen, mehr Bewegung.» Dann sagst du: «Ich bin aber gar nicht dick. Ich habe schwere Knochen. Es macht doch nichts, wenn ich ein bisschen dick bin. Diät ist zu anstrengend, mein Nachbar ist noch dicker. Und dann frisst du einfach weiter, bis du platzt.»

Möchtest du so in Erinnerung bleiben?

Oder du wirst eine Kastanie.

Wenn du als Kastanie weiterlebst, ist das praktisch. Du kannst einen Winterschlaf machen.

Ein Winterschlaf ist auch für das Klimaproblem eine gute Sache. Als Kastanie kannst du bei 6 Grad überwintern.

Als Kastanie hast du auch weniger Probleme mit deinem Aussehen. Man sieht keinen Unterschied, ob du alt oder jung oder dünn oder dick bist, das spielt als Kastanie alles keine Rolle. Du kannst dich als Kastanie in ein Nest legen, eine Decke über dich drüberziehen, und gut ist.

Du und die anderen Kastanien, ihr erzählt euch zum Einschlafen die Geschichte davon, wie alles anders wird.

Oder du baust dir aus Bananenschalen, die du zuerst lange trocknest, ein Zelt.

 
 
 
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c/o

Geographisches Institut
Universität Bern
Hallerstrasse 12
3012 Bern

info@motile.ch


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Projekt Detail

Projekt

Wer soll’s machen. Wer soll’s richten.

 
I

Ein guter Anfang, grossartig! Wir erfahren, dass die Menschen Freudensprünge gemacht haben, als sie merkten, dass sie sich selbst in die Hand nehmen müssen. Oder es. Und die Menschen haben Mutter- und Vatergefühl gehabt gegenüber der Umwelt.

 
II
Gute Nachricht für euch: Es gibt keinen Umwelt-Jesus, oder schlechte Nachricht, je nachdem, worauf ihr euch gefreut habt. Ihr müsst es selber machen. Es gibt auch keine Klima-Jesussica, nur dass das auch klar ist.

Es gibt keinen guten Wasser-Diktator, was weiss ich. Es gibt niemanden, der sagt: ‹Wir werden keine Säue mehr mästen, wir essen die Körner selber, wir fliegen nicht mehr, wir gehen zu Fuss oder nehmen das Velo, wir vermehren uns nicht mehr.›

 
III
Ich habe aufgeschrieben, was alles so passiert ist. Ich bin fast immer dabei gewesen. Also eigentlich überall. Obwohl ein Teil davon in der Zukunft passiert. Ich habe auch zwei Protagonistinnen und einen Protagonisten gefunden, die bereit waren, mit mir ein bisschen über ihre Vergangenheit respektive Zukunft, äh, Gegenwart zu reden. Eigentlich waren es vier. Einer hat sich während des Erzählens verdoppelt. Das gehört auch zu dieser Art der Geschichte.

Ich möchte mich noch bedanken bei: Alice, Andreas, Araell, Glausi, Heike, Jérôme, Michael, Nayan, Noëlle, Niki, Noëlle, Pinguin-Mutter, Pinguin-Tochter, Rolphe, Wiebke, Candid. Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen.

 
IV
Es gibt keine Hauptfrage und dann eine Hauptantwort und dann ist alles in Butter.

 
V
Wieso rennen die Menschen immer dieser einen Frage nach und denken, danach werde alles gut. Diese optimierte Fragerei, damit die beste aller Antworten gefunden werden kann, das wird nicht klappen. Die Menschen müssen möglichst viele kleine Fragen stellen und immer daran denken, dass die Antwort vielleicht doch nichts nützt.Und, zack, nächste Frage. Ich bin mit meinem Sohn unterwegs, wir fahren mit unserem alten Auto los. So fängt diese Geschichte an. Gemütlichkeitsspendend, vertrauensvoll, die Sonne und die Erde, wenn man die beiden zusammensetzt, dann gibt das die Form eines Eis.

 
VI
Ich fahre in meinem uralten Auto mit meinem Sohn. Wir fahren auf einem Waldweg und dann rolle ich plötzlich einen Abhang runter und das Auto bleibt in einer dichten Hecke stecken. Mein Sohn sagt: «Spielt eh keine Rolle. Wir lassen das Auto hier. Wir schneiden einfach eine Lücke in die Hecke und gehen zu Fuss weiter.»

Wir öffnen alle Fenster des Autos, ich lege die Parkscheibe auf den Beifahrersitz. Das erste Eichhörnchen macht es sich hier drinnen sicher bald bequem.

Mein Sohn legt einen Zettel neben die Parkscheibe und schreibt drauf, dass das Auto von uns absichtlich vergessen wurde.

Wir kommen zu einem Waldhaus. Dort sitzen 15 Leute, die sagen: «Ist kein Problem, ihr könnt bei uns essen.»

Okay, wir essen. Zum Dank lege ich für alle, die wollen, eine Runde Tarot. Die meisten wollen nur Gegenwart oder Vergangenheit. An ihrer Zukunft sind hier die wenigsten interessiert.

Nur einer fragt danach. Die Karten sagen, dass er in der Zukunft Zauberkräfte bekommen und die ganze Welt in ein Meer verwandeln wird. Und alle, die es wollen, wird er zu Fischen machen. Jeder, der ein Fisch werden will, kann seine Form und Farbe frei wählen. Die Karten sagen, dass viele blau und grün wählen werden, einige auch Gold. Ein ganz Schlauer wird als Farbe «wasserfarbig» wählen.

Wir steigen über einen Zaun, ich weiss nicht mehr, wo wir sind. Mein Sohn beruhigt mich und lacht. «Das macht nichts, sind wir halt an einem anderen Ort! Das ist gut.»

Es beginnt, ein bisschen zu stürmen, wir spazieren weiter. Da kommen wir an einem halbhohen, wackeligen Holzturm vorbei. Auf dem Turm steht ein Pinguin, er schwenkt Schilder hin und her und ruft uns Sachen zu: «Ich habe mich als Kind in meinem Kinderzimmer verbarrikadiert. Meinen Kopf wollte ich so schützen. Ich liess niemanden rein. In meinen Kopf.»

Mein Sohn streckt dem Pinguin auf dem Holzturm die Zunge raus. «Komm runter von deinem Turm. Wenn du es ernst meinst, musst du mit uns kommen.»
Der Pinguin steigt vom Turm runter, seine Schilder segeln in alle Richtungen. Wir können einige lesen.

«Wer soll’s machen? Wer soll’s richten? Alle? Niemand? Ein Engel, eine Engelin, mehrere Engel? Ich, du? Du?»

Der Pinguin beginnt, laut zu krächzen, und zeigt mit dem Flügel auf mich: «Ja, du! Dich meine ich. Du weisst mit hundertprozentiger Sicherheit, dass du als Mensch einen dominanten Einfluss auf die Umwelt hast!»

Mein Sohn nickt brav. Ich finde es übertrieben, dass der Pinguin mit seinem Flügel so auf mich zeigt. Ich will eine Geschichte erzählen, wie alles anders wird, und nicht zusammengeschissen werden, weil es schon wieder einer besser weiss! Man muss sich bemühen, die einzelnen Handlungsstränge glaubwürdig zu motivieren.Nein, das muss man eben nicht! Es muss wirken wie eine harmlose Spielerei. Es muss nicht der Zeigefinger in jedes Auge rein, damit klar ist, wie ernst und bedrohlich die Geschichte ist.

Mein Sohn klopft mir auf die Schultern. Der Pinguin hört auf zu krächzen und will ein Ei legen. Mein Sohn schiebt schnell ein paar Äste zusammen und streichelt den Pinguin. Der Pinguin legt das Ei und schenkt es meinem Sohn. Der Pinguin sagt, wir sollen das Ei mitnehmen.

Mein Sohn steckt es in seine Tasche. Er wird es warmhalten. Bald schlüpft ein weiterer Pinguin. Stolpert herum, fällt auf den Schnabel, mein Sohn packt ihn an den Beinchen und stellt ihn wieder hin. Der kleine Pinguin schaut mich an und beginnt zu krächzen: «Wieso seid ihr hier, was macht ihr hier? Ihr könnt doch gar nicht schwimmen. Es ist viel zu gefährlich, so nah am Wasser. Wieso habt ihr diesen Drang? Wieso wollt ihr das alles sehen?»

Er starrt mich noch immer an: «Du magst den Fluss, oder?»

«Ist das schlecht?»

«Du denkst den ganzen Tag immer nur an den Fluss, du hast einen Fluss-Fetisch.»

Der kleine Pinguin hat recht. Der Fluss wird seit ein paar Hundert Jahren gebändigt und kontrolliert. Der Fluss soll die Eisenbahn nicht stören, der Fluss soll gutes Grundwasser machen, der Fluss soll noch besseres Trinkwasser geben, der Fluss soll nicht zu heiss sein, damit nicht alle Fische sterben.

Der Fluss hat mir kürzlich gesagt, wenn die Gletscher weg sind, habe er im Sommer kaum noch Wasser. Ich möchte noch möglichst lange an diesem Fluss tanzen können und in ihm schwimmen. Ich möchte, dass der Fluss noch möglichst lange seine Lieder singt. Das lohnt sich doch, dass ich den Fluss toll finde.

Der grosse Pinguin kommt angewatschelt. Wahrscheinlich verfolgt er uns schon die ganze Zeit. Jetzt lacht der grosse Pinguin und zeigt mit dem Schnabel auf meinen Sohn.
«Stell dir mal vor, was dein Sohn über dich sagen wird, wenn er an dich zurückdenkt. Der wird auf dich zurückschauen und sagen, das war der Trottel, der die Flüsse trockengelegt hat.»

Der grosse Pinguin hat auch recht. Mein Sohn kann ja nicht einfach zur Eidechse mutieren. Mein Sohn wird kein anderer Mensch, nur weil er keinen Lebensraum mehr hat. Mein Sohn kann versuchen, sich anzupassen. Er kann sich eine Klimaanlage kaufen, falls er genug Geld hat. Aber er schafft es nicht, langfristig sein gesamtes Wesen so zu ändern, dass er hitzeresistent wird.

 
VII
Mir fällt ein, dass wir nicht immer Trottel waren. Ich erzähle meinem Sohn, dass wir zuerst jahrzehntelang wie blöd in Zügen und Bussen und Restaurants geraucht haben. Und dass es jetzt alle toll finden, dass wir nicht mehr in vollgequalmten Zügen und Restaurants sitzen müssen.

Ich will meinem Sohn nicht als Trottel in Erinnerung bleiben, der alle Städte mit Parkplätzen zugepflastert hat.Ich will mich zusammen mit ihm über die freien Flächen freuen und ich will mich mit ihm unter Schatten spendende Bäume legen und betrinken. Ich will meinem Sohn sagen, hey, unser Auto ist ein zukünftiges Blumenbeet.

Ich muss mich wieder auf den Weg konzentrieren. Ich kippe fast vornüber, so steil ist das. Flechten und Moose, kleine lilafarbige Blumen, die ich nicht kenne, ein Ginsterbusch. Strommasten und Kabel, ein Gleis einer Regionalbahn. Jemand läuft schnell an mir vorbei. Es riecht nach Fichte. Ich erinnere mich, dass ich noch eine gültige Parkkarte im Handschuhfach meines Autos habe. Wo sind jetzt alle?

 
VIII
Wir machen ein Picknick. Plötzlich gibt es einen Riesenknall. Das Higgs-Teilchen steht vor uns, niemand weiss, woher es kommt. Wir hören deutlich ein Uhrwerk ticken. Wir machen weiter mit unserem Picknick und essen Geranien, Hackfleischbällchen, Thurgauer Apfelmus mit Hörnli sowie Basler Leckerli.

Das Higgs-Teilchen sagt, es könne uns helfen, unser Hirn zu optimieren. Unser Hirn könne nicht richtig in die Zukunft denken. Das Hirn sage uns nicht: ‹Das bist du in der Zukunft.› Das Hirn sage nur: ‹Schau mal, das ist die Zukunft.› Und dann sehe man eine Person, die nichts mit einem zu tun habe, die einem völlig fremd sei.

Deshalb denken die Menschen und auch die Tiere, dass der Klimawandel sich in einer völlig anderen Welt oder in einer anderen Zukunft abspielt, wo sie gar nie sein werden.

Das Higgs-Teilchen sagt mit leuchtenden Körperchen: «Das ist wie russisches Roulette. Euer Hirn kann zwar verschieden Zukunftsmöglichkeiten durchspielen, aber es sagt euch nicht, wie ihr euch dabei fühlt. Das ist doch ein physikalischer Fehler.»

Der kleine Pinguin verschluckt sich und pickt nach dem Higgs-Teilchen. Es leuchtet ihm ein, dass er so ein Higgs-Teilchen in seinem Hirn gut gebrauchen kann. Es funktioniert super. Der kleine Pinguin sieht einen Stein, der sich wegen des aufgetauten Permafrosts gelöst hat, auf sich zufliegen. Er wartet, springt im letzten Moment zur Seite. Er sieht die Flutwelle eines Flusses auf sich zukommen, wartet und surft dann gekonnt auf ihr.

Der grosse Pinguin nimmt auch ein Higgs-Teilchen. Bei ihm wirkt es völlig anders: «Wir sind die lustigen Multiplaneten-Lebewesen-Pinguine. Wenn wir einen Planeten zerstört haben, fliegen wir einfach zum nächsten. Das Leben ist doch mehr, als ein trauriges Problem nach dem anderen zu lösen. Wir wollen morgen aufwachen und glücklich sein. Ich fliege auf den Mars, bis bald.»

Ich verstehe den grossen Pinguin nicht. Ich frage meinen Sohn, was los ist. Ich schaue das Higgs-Teilchen an.

 
IX
Der grosse Pinguin studiert Physik. Das ist seine neue Religion. Er sagt: «Physik vergibt keine Fehler.» Er sagt, man könne alle vom Menschen gemachten Gesetze brechen, aber man solle mal versuchen, ein einziges Gesetz der Physik zu brechen. «Wenn du in der Physik einen Fehler machst, bist du geliefert», lacht er.

Der grosse Pinguin sagt: «Es ist sinnlos, zu warten, bis man ein vollständiges Verständnis von etwas hat.Du entscheidest jeden Tag über ganz viele Sachen unter hoher Unsicherheit. Das Wetter ist unsicher, du gehst trotzdem raus, du kaufst einen neuen Schuh, obwohl du ihn nicht persönlich kennst, du entscheidest dich, jemanden zu daten. Das tust du, obwohl es total unsicher ist, was dabei rauskommt.

Wenn du eine Überschwemmung kommen siehst und das Wasser in deinem Keller steht, dann wartest du auch nicht, bis das ganze Haus versunken ist, um festzustellen, dass Hochwasser nicht so gut sind.»

Der Pinguin forscht weiter. Und lädt alles auf sein LinkedIn-Profil hoch.

 
X
Der kleine Pinguin hat noch keinen Berufswunsch, er will zuerst einmal ein Start-up gründen. Das Ziel: einfach ein bisschen spinnen und dann versuchen, das Universum zu verstehen, und versuchen zu verstehen, was wir im Universum machen, wie wir mit dem Universum zusammenhängen, und dann versuchen zu verstehen, ob das Universum sich selber auch versteht.»

 
XI
Ich soll eine Geschichte erzählen, wie alles anders wird. Das ist gut, denn es zu machen wie jeder, das ist ja keine genügende Qualifikation! Das ist nichts! Das kann dann ja irgendjemand machen. Alles so machen, wie jede andere es auch machen würde, das bringt doch nichts. Das ist die schlechteste Qualifikation, die es gibt, die haben nämlich alle. Wenn man alles so macht wie jeder und jede! Das hätte man doch irgendwann merken müssen, dass das nichts bringt.

 
XII
Ich habe zehneinhalb Jahre von morgens bis abends am Computer gesessen. BA, MA, Dr. PhD. Prof. Fellow, Dr. hc., bibber, bibber, kein Lehrstuhl, doch ein Lehrstuhl., Dr. magma-vulkan, diabol. philanthrop.

Ich habe mir dann selber ein Bett gebaut, dann ein Büchergestell. Dann, naja, dann habe ich mir 100 Stühle gebaut, alle ausprobiert, eine grosse Entfremdung gespürt von der Natur. Ich habe den Kontakt zur Realität verloren.

Ich habe mit fast niemandem mehr geredet. Dann irgendwann habe ich mir gesagt: «Oh nein, das ist nichts mehr für mich.»

Da bin ich raus aus meinem Büro. Diese Fenster, durch die man nicht reinsehen kann und die als Höhepunkt der westeuropäischen Architektur gelten, die hatten mich schon lange genervt. Aussen wichtig, drinnen ist nix. Das ist mir erst viel später aufgefallen, was das bedeutet, wenn Novartis, die UBS oder immer mehr Universitäten alle Fenster nach aussen verspiegeln. Dann heisst das für die Gesellschaft: Da drinnen ist nichts, da drinnen ist alles hohl wie eine Nuss, da ist niemand drin, da macht auch niemand was.

Ich weiss, dass der Beruf des Forschers oder der Forscherin ein einsamer Beruf ist. Und ich bin nicht so gern einsam. Ich bin nicht so gerne allein. Okay, es gibt viele Dinge, die man selber machen muss, man muss auf Ideen kommen. Aber trotzdem, ich mache Dinge lieber zusammen.

Ich bin rausgegangen und habe alle gefragt: «Wie stehst du zu den Klimastreikbewegungen in deiner Stadt? Welche Messages sind bei dir rübergekommen, in deinem Lebens- oder Berufsbereich?» Ich habe Lehrlinge, Schülerinnen, Künstler, Schriftstellerinnen, Rentnerinnen und Kinder gefragt: «Was ist bei dir angekommen, was hast du bereits thematisiert, was verarbeitet? Was noch nicht? Was bewegt dich? Sag es mir.»

Und es war unglaublich, was ich alles gehört habe. Ich dachte: ‹Jetzt hab ich’s. Jetzt weiss ich, was ich für eine Geschichte erzählen muss, bei der alles anders wird.›

 
XIII
Ich stelle mich selber auf den Holzturm, wo ich mit meinem Sohn den grossen Pinguin getroffen habe und warte. Ich male neue Schilder. Wenn Menschen vorbeikommen, halte ich sie hoch und schaue, was passiert. Angst, Wut, Hoffnung, Mitgefühl. Wild durcheinander sind die Reaktionen der Menschen. Damit habe ich nicht gerechnet. Ich steige runter vom Turm, verwickle alle Passanten und Passantinnen ins Gespräch. Es artet aus, Riesengeschrei, Riesenintensität, Tumult der Stimmen, Durcheinander, es überlagert sich alles, es gibt Echos und es wird wie eine schlechte Tütensuppe, wo von allem etwas drin ist.

Es versammeln sich immer mehr Menschen um den Turm, um mich. Seit ein paar Wochen mache ich nun diese Treffen. Ich rede mit allen. Wenn dabei nichts rauskommt, kommt nichts raus. Nichts gibt es ja automatisch. Auch wenn man sich nicht trifft. Vielleicht gibt es ja mehr, wenn man sich trifft.

 
XIV
Der grosse Pinguin geht vorn, hinten folgen mein Sohn und der kleine Pinguin. Sie winken. Sie sehen die vielen Menschen und Tiere beim Turm. Sie sehen mich. Sie denken, ich hätte endlich einen Plan, wie meine Geschichte, bei der alles anders wird, funktionieren könnte.

Der kleine Pinguin glaubt, dass es für viele sehr motivierend wirkt, mit Leuten zu reden, die irgendwie an einem gleichen Punkt sind oder das Gefühl haben, sie seien an einem gleichen Punkt. Der kleine Pinguin sagt, er sei froh, dass es so einen Turm gebe, wo man sich treffen könne.

 
XV
Wenn ihr beim Lesen jetzt immer noch zu wenig Lust auf Wandel habt, dann kann ich euch im Auftrag einer Geschichte, wo alles anderes wird, noch eine Anti-Verdrängungsmeditation anbieten.


 
Wenn du wegschaust, ist es nicht weg.

Deshalb schau hin und stell dir vor, was du alles machen kannst. Benutze deine ganze Fantasie.

Wenn du hinschaust, denkst du, das sei nicht von dir.

Schau noch mal. Ah, es ist doch von dir.

Schau noch mal, ohne dass du dich ablenken lässt.

Geniesse die Vorstellung, dass du einen riesigen Einfluss auf alles haben kannst.

Es ist nicht teuer, du kannst sofort etwas tun.

Dein Nachbar kann etwas tun, ihr könnt zusammen etwas tun.

Wenn du im Verneinen hochbegabt bist, lege ich gerne noch nach.

Stell dir vor, deine Ärztin sagt zu dir: «Sie sind zu dick, Sie sollten weniger Alkohol trinken, schlauer essen, mehr Bewegung.» Dann sagst du: «Ich bin aber gar nicht dick. Ich habe schwere Knochen. Es macht doch nichts, wenn ich ein bisschen dick bin. Diät ist zu anstrengend, mein Nachbar ist noch dicker. Und dann frisst du einfach weiter, bis du platzt.»

Möchtest du so in Erinnerung bleiben?

Oder du wirst eine Kastanie.

Wenn du als Kastanie weiterlebst, ist das praktisch. Du kannst einen Winterschlaf machen.

Ein Winterschlaf ist auch für das Klimaproblem eine gute Sache. Als Kastanie kannst du bei 6 Grad überwintern.

Als Kastanie hast du auch weniger Probleme mit deinem Aussehen. Man sieht keinen Unterschied, ob du alt oder jung oder dünn oder dick bist, das spielt als Kastanie alles keine Rolle. Du kannst dich als Kastanie in ein Nest legen, eine Decke über dich drüberziehen, und gut ist.

Du und die anderen Kastanien, ihr erzählt euch zum Einschlafen die Geschichte davon, wie alles anders wird.

Oder du baust dir aus Bananenschalen, die du zuerst lange trocknest, ein Zelt.

 
 
 
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